Ich muss hier mal gerade außerplanmäßig etwas loswerden. Mich erreichte eben eine Petition mit der Bitte um Unterstützung der Kollegen des Braunschweiger Fanradios. Das wurde nämlich vorerst „auf Eis gelegt“. Aus „organisatorischen“ und „Kostengründen“.
Ich habe also zunächst unterschrieben (was Ihr hier gerne auch tun könnt) und die Petition nach kurzem Überlegen auch auf der Facebookseite dieses Blogs geteilt.
Eigentlich muss ich gerade noch diverse Dinge erledigen und wollte entsprechend weiterarbeiten und es dabei bewenden lassen mit dieser Petition, aber es ging mir einfach nicht aus dem Kopf und deswegen muss ich es hier schreiben.
Wo ein Wille ist…
Mir sind keine Details zu den Umständen in Braunschweig bekannt, aber ich denke, der Text der Petition lässt einiges erahnen. Wenn man bedenkt, dass es sich bei Eintracht Braunschweig um einen Zweitligisten handelt, der sogar Aufstiegschancen hat, darf man allerdings etwas mehr Finanzkraft als bei uns vermuten. Julius Biada war im übrigen ablösefrei.
Ich weiß, dass der Spaß Geld kostet, natürlich weiß ich das, ich kümmere mich ja bei uns mit darum. Mir ist auch klar, dass es bei einer größeren Fanbase als der unseren teurer wird, weil man einen größeren Server braucht, aber das sind keine Unsummen, die nicht zu bewältigen wären. So viel zu den „Kostengründen“.
Hinter „organisatorischen Gründen“ kann sich sicherlich viel verbergen. Wir hatten bekanntlich mit unserem Fanradio auch lange genug organisatorische Probleme und haben die auch heute noch manchmal. Aber: man kann sowas mit einer handvoll Leute wuppen, wenn es gewollt ist. Das haben wir sehr lange so vollzogen bzw. sind ja immer noch ein sehr kleines Team.
Wo Unwille ist…
Wie gesagt, ich kenne die Details aus Braunschweig nicht. Aber ich kenne die Details von diversen anderen Fanradios im deutschen Profifußball, da wir untereinander vernetzt sind und den Austausch pflegen. Ich darf und möchte an dieser Stelle nicht ins Detail gehen, aber ich kann soviel sagen: das Leben vieler Fanradios, gerade in der 3. Liga, ist kein leichtes und die Kollegen müssen sich teilweise mit Problemen rumschlagen, wo mir jedes Mal die Kinnlade runterklappt. Nicht jeder freut sich über die Existenz von Fanradios und da prallen teilweise Interessen aufeinander und die A-Karte erwischt meist das kleinste Glied in der Kette, ergo das Fanradio.
Im besten Fall leiden die Kollegen nur unter mangelnder Unterstützung, im schlechteren (und häufigeren) Fall wird ihnen die Arbeit auch noch unnötig erschwert und ihnen werden Knüppel zwischen die Beine geworfen. Von wem auch immer, da gibt es im Einzelfall viele kreative Möglichkeiten.
Fortuna ist das Paradies
Das alles sind Probleme, die wir bei Fortuna nicht kennen. Ja, wir haben vielleicht die vermurksteste Internetverbindung der gesamten Liga im Stadion, aber solange das unser größtes Problem ist… Finanzprobleme kennen wir nämlich genau so wenig wie dass man uns von Vereins- oder sonstiger Seite Knüppel zwischen die Beine wirft. Gut, ich erinnere mich an Karneval, als mir ein gewisser Herr, der bisher selbst meines Wissens nach primär negativ im Verein aufgefallen ist, prophezeite, wir würden das nie hinbekommen mit dem Radio und ich könnte sowas im Leben nicht (ohne einmal was gehört zu haben), aber ansonsten gab es bis auf (zwischenzeitlich nachvollziehbare) leichte Ungeduld im Forum, wann es losgeht, niemals ernsthafte Probleme von außen für unsere Arbeit.
Wir hatten von Anfang an den Luxus, dass es keinerlei finanzielle Sorgen gab. Das ist an sich schon nicht selbstverständlich und wenn man bedenkt, dass unser Sponsor Tippen4you bereits eine nicht unwesentliche Summe im vierstelligen Bereich in dieses Radio gepumpt hat, ohne bis jetzt offiziell mit Werbung eine Gegenleistung erhalten zu können (bzw. monatelang ja nicht einmal das Radio selbst als Gegenleistung hatte) und trotzdem mit größter Geduld und Begeisterung für die Fortuna dieses Projekt unterstützt, dann ist das schon etwas ganz Besonderes und ich möchte an dieser Stelle mal ein großes Danke sagen.
„Wir“ und „die da drüben“
Und da ich das Gefühl nicht loswerde, dass sich in unserem Verein aktuell eine seltsame und unglückliche „Wir und die da drüben“-Stimmung ausbreitet, möchte ich das noch ergänzen. Es gibt nur das „Wir“ – „die da drüben“ sind genau so Fans. Tippen4you ist zwar mit dem Wahnsinnssupport für unser Fanradio sicherlich herausragend an Engagement (an dieser Stelle vielleicht auch Grüße an die Leute, die rumgezetert haben wegen dem Wegfall des Tippspiels im Premiumbereich – es hat sich inzwischen hoffentlich auch zu Euch herumgesprochen, dass Tippen4you das lediglich gesponsert hat und die Verantwortlichkeit beim Verein liegt), aber selbst wenn Tippen4you bei den ganzen Zickereien mal die Nase voll hätte, sind wir mit unserem Fanradio tatsächlich in der glücklichen Situation, dass wir wohl nicht aus Kostengründen eingestampft würden.
Die Pressetribüne liegt bei uns direkt über den VIP-Plätzen, d.h. „Die da drüben“ sitzen immer unmittelbar vor uns. Und fiebern mit. Manchmal war vergangene Saison dort gefühlt sogar mehr Stimmung als auf Stehplatz Mitte. „Die da drüben“ haben sich teilweise um die Plätze unmittelbar vor uns gedrängelt, weil sie uns beim Spiel hören wollten, weil sie es so unterhaltsam fanden. Es gab viel Lob und Bekenntnisse, wie gerne man gelauscht hat, wenn man auswärts nicht dabei sein konnte. Und es gab schon sehr früh – sogar als wir noch gar nicht offiziell gesendet haben, sondern noch in der Übungsphase waren, Angebote, dass wir uns melden sollten, falls Geld gebraucht würde. Weil sie Spaß dran haben, weil sie es toll finden, weil sie genau so mitfiebern wie Ihr und sich auch ärgern, wenn sie mal nicht auswärts fahren können.
Gruß von oben
Nein, ich meine nicht unsere aktuelle Tabellenposition, auch wenn die richtig geil ist. Was ich sagen will ist, wir haben nicht nur keinerlei finanzielle Probleme, sondern wir haben auch den Verein hinter uns. Manch einer mag denken, dass das selbstverständlich sein sollte, aber ich kann euch sagen, dass es das nicht ist. Erst recht nicht in dieser Form.
Wir haben eine tolle organisatorische Unterstützung von Vereinsseite, von Anfang an eigentlich (Akkreditierungen usw.). Könnte man für selbstverständlich halten, ist es aber wie gesagt nicht.
Was wir noch haben – und jetzt kommen wir wieder zu dieser „Wir und die da drüben“-Nummer… der Verein steht zu uns und freut sich über uns. Weit über das Normalmaß hinaus. Ein bisschen mag das „Typisch Fortuna“ sein, aber manchmal muss man sich eben nochmal vor Augen führen, was für einen Schatz man hier hat – das ist aktuell glaube ich manchem nicht ganz klar.
Bei uns kamen schon öfter Helge Ulonska und Kyra Koschinat an und haben sich bedankt und gefreut, dass es uns gibt und erzählt, wie sie mitgefiebert haben. Ja, das ist Fortuna – aber sowas ist einfach wunderschön und woanders undenkbar.
Money, money, money…?!
Ich bin mir sicher, für einige von Euch ist das Folgende noch viel undenkbarer, aber (und ich hoffe, er nimmt es mir nicht übel, dass ich das hier schreibe): Michael Schwetje hat sich am vergangenen Samstag als großer Fan unseres Fanradios geoutet. Wir haben uns ein bisschen darüber unterhalten und auch wenn hier einige gerade die Welle schlagen und es nicht glauben mögen – auch Michael Schwetje gehört zum „Wir“ und ist nicht „der Investor da drüben“, sondern meiner Meinung nach zwar natürlich auch Investor, aber vor allem auch großer Fan und mit vollem Herzen bei diesem Verein. (Guckt Euch die Bilanzen an und überlegt mal, wie lange Ihr aus finanzieller Sicht fehlinvestieren würdet, wenn es Euch nur um den Profit ginge. Der Mann kann ganz sicher rechnen und ergo kann es hier nicht nur um Zahlen gehen – was man in solchen Momenten wie am Samstag dann eben auch merkt.)
Um „Money, money, money“ geht es im Radio also lediglich, wenn ABBA läuft, nicht aber bei Fortuna. Letzte Bestätigung für alle Ungläubigen, die immer noch glauben, „die da drüben mit dem Geld“ sind böse und wollen nur noch mehr Geld – auch unser Marketingchef Benjamin Bruns ist „einer von uns“. Er kam seinerzeit von Wehen Wiesbaden zur Fortuna, konnte aber letzte Woche nicht mit nach Wiesbaden, weil er krank war. Was glaubt Ihr also, was er gemacht hat? Nein, weder überlegt, wie er auch noch den letzten Fan von Stehplatz Mitte gegen eine Werbebande ersetzt, noch in Fieberträumen das Geld der Fortuna gezählt: er hat mitgefiebert. Live, vorm Fanradio! Wie es jeder normale Fan, der nicht mit auswärts fahren kann, auch getan hätte. Weil er eben nichts anderes ist als ein Fortuna-Fan – nur mit ein bisschen mehr Einfluss, den er für unser Vereinche zu nutzen weiß. Weshalb er mir am Samstag direkt noch ein paar tolle Verbesserungsmöglichkeiten für unser Radio und entsprechende mögliche Ansprechpartner für deren Umsetzung genannt hat. Nein, nicht aus Werbegründen. Sondern damit das Radio uns allen noch mehr Spaß bringt.
Das ist Fortuna. Und das ist alles ganz und gar nicht selbstverständlich. Manchmal muss man sich das nochmal vor Augen führen, um zu sehen, wie gut wir es haben. Oder es von den Kollegen anderer Fanradios vor Augen geführt bekommen, wie aktuell das Braunschweiger Beispiel. Wer also Julius Biada mal beim Spielen zuhören möchte, kann hier unterschreiben.
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